Definition: Beim Spannungspneumothorax handelt es sich um eine lebensbedrohliche Komplikation des Pneumothorax durch einen Ventilmechanismus, der das Eindringen von Luft in den Pleuraspalt bei Inspiration zulässt und bei Exspiration verhindert. Ursache ist zumeist ein Trauma (insbesondere die Brustkorbverletzung).

Ätiologie:

 I: Gerade nach traumatischen Verletzungen durch Einspießung ins Lungengewebe.

 II: Hochgradiges Trauma des Brustkorbes (Verkehrsunfall, Einklemmung, Überrollen).

 III: Barotraumata z.B. durch Druckveränderungen bei der Beatmung, insbesondere bei Patienten mit schwerer Pneumonie, Rippenfraktur oder ARDS.

 IV: Stichverletzungen mit Verletzung der Pleurahöhle oder des Lungengewebes.

 

Pathogenese:

→ I: Durch Ausbildung eines Ventilmechanismus infolge einer Verletzung des Lungengewebes oder des Tracheobronchialsystems gelangt bei jeder Inspiration Luft in die Pleurahöhle, die jedoch exspiratorisch nicht entweichen kann.

→ II: Dies führt zu einem kontinuierlichen, intrapleuralen Druckanstieg mit Progredienz des Lungenkollaps und Verlagerung des Mediastinums (= Medialstinalshift) zur gesunden Seite.

→ III: Die typische Folge ist eine Kompression der gesunden Lunge (und des Herz) sowie eine Behinderung des venösen Rückstroms (Abknicken der V. cava mit Gefahr eines Rechtsherzversagens) mit Abnahme des Herzzeitvolumens und einem rasch-einsetzenden Herz-Kreislauf-Versagen.

690 Schematische Darstellung der Formen des Pneumothorax

 

Klinisch-relevant:

→ A) Ein Spannungspneumothorax führt innerhalb kurzer Zeit zu einer vital-bedrohlichen Situation aufgrund der Verlagerung des Mediastinums zur gesunden Seite.

→ B) Bei Rippenfrakturen ist er zumeist mit einem Hämatothorax kombiniert.

 

Klinik:

→ I: Respiratorische Dekompensation:  Dyspnoe, Tachypnoe, Zyanose und respiratorische Insuffizienz.

→ II: Hämodynamisch: Blässe, Tachykardie, Herzrhythmusstörungen, arterielle Hypotonie und obere Einflussstauung mit gestauten Halsvenen und evtl. Gesichtsplethora (Differenzildiagnose: Herzbeuteltamponade).

→ III: Mögliche Manifestation eines z.T. monströsen Hautemphysems durch Eintritt von Luft ins subkutane Fettgewebe.

→ IV: Häufig entwickelt sich innerhalb kürzester Zeit eine lebensbedrohliche Situation mit charakteristischer Schocksymptomatik durch u.a. Kompression der großen Gefäße.

 

Diagnose: Die Diagnose des Spannungspneumothorax wird immer klinisch gestellt und radiologisch verifiziert.

→ I: Auskultatorisch zeigt sich einseitig ein fehlendes Atemgeräusch,

→ II: Hypersonorer Klopfschall auf der betroffenen Seite (Seitenvergleich!).

476 Diagnostik des Spannungspneumothorax

 → III: Röntgen-Thorax:

→ 1) Charakteristisch ist der strukturfreie Luftraum (Aufhellung = schwarz) zwischen kollabierter Lunge und Thoraxwand.

→ 2) Zusätzlich manifestiert sich eine Verlagerung des Mediastinums zur gesunden Seite sowie Kompressionsatelektasen und ein Zwerchfelltiefstand auf der betroffenen Seite.

 

Therapie:

→ I: Notfalltherapie zur Druckentlastung durch Punktion des Pleuraraumes im 2. ICR medioklavikular (nach Monaldi am Rippenoberrand), womit der Spannungspneu aufgehoben wird. Dies kann mittels einer großlumingen Braunüle erfolgen.

→ II: Alternativ: Einbringen einer Kanüle nach Tiegel (am Kanülenkonus wird ein Gummifingerling, der ein Loch aufweist, mit einem Bindfanden befestigt).

1) Bei Exspiration kann Luft über das Loch im Gummifingerling entweichen;

→ 2) Bei der Inspiration kollabiert der Gummifingerling durch den Sog und legt sich über den Konus, um das Eindringen von Luft zu verhindern.

→ III: Stationär erfolgt anschließend die definitive Versorgung mit Anlage einer Thoraxdrainage mittels Minithorakotomie.