Definition: Beim Locked-in-Syndrom handelt es sich um einen Ausfall der kortikobulbären und kortikospinalen Bahnen sowie der pontinen Formatio reticluaris und der meisten Hirnnervenkerne durch bilaterale Schädigung der ventralen Anteile der Pons. Klinisches Korrelat ist die Lähmung der Extremitäten und der meisten motorischen Hirnnerven, bei Erhaltung des Bewusstseins (durch Aussparung des dorsalen Anteils der Brücke und intaktem Mittelhirn), der vertikalen Augenbewegung sowie des Lidschlusses.

 

Pathogenese:

→ I: Vaskuläre Ursache:

→ 1) Häufigste Ursache ist eine Thrombose (= zentraler Verschluss) im Bereich der A. basilaris mit Ausbildung eines ischämischen Insultes.

→ 2) Pontine Blutungen.

II: Nicht-vaskuläre Ursachen:

→ 1) Entzündungen (z.B. Enzephalitis,),

→ 2) Schädel-Hirn-Trauma (Hirnstammkontusion),

3) Pontine Tumoren.

→ 4) Zentrale pontine Myelinolyse.

 

Klinik:

→ I: Spastiche Tetraplegie: Mit Verlust der Willkürbewegung der Extremitäten und des Rumpfes (bei unvollständigem Locked-in-Syndrom können rudimentäre Willkürbewegungen möglich sein).

→ II: Verlust der Sprache und Schluckfunktion.

→ III: Ausfall der meisten Hirnnerven, ausgenommen die des Lidschlusses, der vertikalen Augenbewegung (bei der vollständigen Form können diese Fehlen), des Sehens, Riechens und Hörens.

→ IV: Ausfall der Hirnstammreflexe wie des Cornelareflex und Würgereflex.

→ V: Vollständiges Bewusstsein und Wachheit (initial eingeschränkt; im weiteren Verlauf voll erhalten).

→ VI: Weitere Symptome: Sind u.a.:

→ 1) Erhaltene Sensibilität, einschließlich der Schmerzempfindung.

→ 2) Eingeschränkte, aber nicht aufgehobene Atmung.

→ 3) Evtl. psychotische Symptome mit beeinträchtigenden Zönasthesien (= Leibeshalluzintionen), die nicht selten zu Angst und Schlaflosigkeit führen.

 

Diagnose:

→ I: Die Diagnose kann nur durch ein Verlaufsbeobachtung sowie weitere Untersuchungsverfahren gestellt werden.

→ II: EEG: Weist eine hohe Alpha-Wellen-Aktivität auf; zudem sind leichte Allgemeinveränderungen bei erhaltener Reaktion auf akustische und optische Stimuli eruierbar.

→ III: Dopplersonograhie: Darstellung bzw. Berurteilung der Aa. vertebrales und der A. basilaris.

→ IV: cMRT: Darstellung des Ausmaßes der pontinen Läsion.

 

  Differenzialdiagnose: Vom Locked-in-Syndrom müssen insbesondere nachfolgende neurologische Erkrankungen abgegrenzt werden:

→ I: Appalisches Syndrom,

II: Akinetischer Mutismus,

→ III: Wachkoma.

→ IV: Das Guillain-Barre-Syndrom, eine Erkrankung peripherer Nerven, kann bei vollständiger Beteiligung motorischer Hirnnerven das Locked-in-Syndrom vortäuschen.

014 Differenzialdiagnosen des Locked in Syndroms

 

Therapie:

→ I: Keine kausale Therapie möglich,

II: Frühzeitiger Beginn mit Physiotherapie und Ergotherapie.

→ III: Frühzeitig Kommunikationshilfen bereitstellen.

 

Prognose: Diese ist stark abhängig von dem Ausmaß der pontinen Läsion. Große Insulte im Bereich des Hirnstamms enden meist schon in der Akutphase letal. Die motorische Erholung ist meist nur unzureichend und es besteht eine lebenslange Pflegebedürftigkeit.