Wirkungsmechanismus: Die Hauptwirkung der Antidepressiva zielt auf bestehende depressive Zustandbilder unterschiedlicher Genese (z.B. depressive Episoden im Rahmen von unipolaren affektiven Störungen, bipolaren affektiven Störungen, Dysthymia, postschizophrene Depression, persistierende depressive Reaktionen etc.) durch die Fähigkeit die serotonerge und noradrenerge Transmission im ZNS zu verstärken ab; dies erfolgt auf 3 Ebenen: 

I: Wirkung der Antidepresiva auf Enzym- und Transportebene.

II: Wirkmechanismus auf die synaptischen Rezeptoren.

III: Wirkmechanismus der AD auf der Second-messenger- und Gen-Expression-Ebene

 → I: Enzym-/Transportebene: Bei der Depression (basierend auf der Reserpin-Wirkung, das die noradrenergen Speicher entleert) findet man einen Monoamin (Noradrenalin; Serotonin, Dopamin) Mangel. Die Antidepressiva hemmen präsynaptisch die Wiederaufnahme von Serotonin und/oder Noradrenalin bzw, verhindern den Abbau der Monoamine durch Hemmung der Monoaminoxidase.

→ 1) SSRI: Bei den Selektiven-Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren wird primär die präsynaptische Aufnahme des Serotonins gehemmt.

2) SNRI: Hierbei wird ausschließlich die Wiederaufnahme von Noradrenalin gehemmt.

3) SSNRI: Die SSNRI führen zu einer dualen Hemmung der Wiederaufnahme von Serotonin- und Noradrenalin. Dieses findet man auch bei den trizyklischen AD, sodass z.B. Amitriptylin sehr stark die Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin hemmt und deshalb auch als SSNRI bezeichnet wird.

→ II: Präsynaptischen Rezeptorebene: Hierzu ist zu sagen, dass die Wirkung der AD nicht allein auf der Wiederaufnahme-Inhibition bzw. Inhibition der Monoaminoxidase beruht, da zum einen die Wirklatenz der Antidepressiva ca. 2-3 Wochen beträgt (wobei die Serotonin-/Noradrenalin-Hemmung schon nach Minuten bis Stunden einsetzt), und manche AD wie Mirtazapin oder Trimipramin ihre Wirkung nicht auf der Wiederaufnahme-Hemmung von Serotonin/Noradrenalin basiert. Vielmehr kommt es bei längerer AD-Applikation zu einer Veränderung der Rezeptordichteim Bereich der Prä- und Postsynapse.

1) Präsynapse: Verminderung der Alpha-2-Rezeptoren.

2) Postsynapse: Verminderung der ß-Rezeptoren.

 

Klinisch-relevant:

→ A) Man geht davon aus, dass es durch den Monoaminmangel zu einer Up-Regulation der Rezeptoren kommt. Folglich führt die Antidepressiva-Therapie durch den Ausgleich der Monoamine zur Down-Regulation der Rezeptoren (Dieses Zeitintervall entspricht ca. der Wirklatenz von AD).

B) Es besteht auch eine direkte Beeinflussung der AD am Rezeptor wie z.B. beim Mirtazapin, das keine Wiederaufnahme-Hemmung von Serotonin und Noradrenalin verusacht.

C) Mirtazapin: Vielmehr antagonisiert Mirtazapin die präsynaptischen Alpha2-Autorezeptoren sowie postsynaptisch die Serotonin-Typ-II-Rezeptoren. Durch Hemmung der Neurotransport-Blockade (von Serotonin bzw. Noradrenalin) wird die Neurotransmission konsekutiv verstärkt.

 

→ III: Second-Messenger-/ Genexpressionsebene: Hierbei nimmt man an, dass die Veränderungen der Synapsen durch AD auch Einwirkung auf das Second-messenger-System haben. So findet man nach längerer AD-Therapie eine vermehrte zyklische AMP (= Adenylatcyklase = second-messenger), die zu einer vermehrten Expression des Transkriptionsfaktors CREB (= cAMP-Response-Element-Binding-Protein) und somit zu einer vermehrten Produktion des BDNF (= Brain-derived-neurotropic Faktor) ein neuronaler Wachstumsfaktor kommt. Folglich hat die Gabe von Antidepressiva eine Beeinflussung der zerebralen Neurogenese. Denn man weiß heute, dass auch im adulten Gehirn, gerade im Bereich des Hippocampus, Nervenneubildungen stattfinden.

 

→ Wirkung: Die Applikation der Antidepressiva richtet sich gegen folgende Zielsymptome:

→ I: Psychische Einzelsymptome: (Der Depression) Wie Freudlosigkeit, Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit, Interessenlosigkeit, Insuffizienzgefühl, Angstzustände, Schuldgefühle, Suizid-Gedanken etc.

→ II: Psychomotorische Einzelsymptome: (der Depression) die z.T. sehr gegensätzlich sind:

→ 1) Gehemmtes depressives Syndrom: Mit charakteristischen Symptomen wie Mangel an Energie, Teilnahme und Initiative, Antriebsarmut, Wortkargheit (bis hin zu Mutismus), Hypomimie, Bewegungsarmut bis hin zum Stupor).

→ 2) Agitiertes depressives Syndrom: Die Agitiertheit manifestiert sich in Form von ausgeprägter innerer Unruhe, vermehrter motorischer Aktivität und Getriebenheit bis hin zum ziellosen Umherirren mit leerem Beschäftigungsdrang.

→ III: Somatische Einzelsymptome: (der Depression) Sie beinhalten Tagesschwankungen, Morgentief mit frühem Erwachen, Kraftlosigkeit, Druck und Schmerzen in der Herzgegend, Magendruck, Spannungschmerzen im Bereich des Kopfes und Nackens, Menstruationsstörungen sowie Störungen der Libido und Potenz.