Conn Syndrom / Primärer Hyperaldosteronismus
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- Hauptkategorie: Innere Medizin
- Kategorie: Endokrinologie
- Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, 17. Juni 2020 21:39
- Veröffentlicht am Montag, 14. März 2016 11:51
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→ Definition: Beim Conn-Syndrom handelt es sich um einen primären Hyperaldosteronismus mit vermehrter Sekretion von Aldosteron und der charakteristischen Symptomtrias bestehend aus arterieller Hypertonie, Hypokaliämie und metabolische Alkalose.
→ Epidemiologie:
→ I: 5-10% der Bluthochdruckpatienten weisen eine Mineralkortikoid-induzierte Hypertonie auf; es ist somit die häufigste Ursache einer sekundären Hypertonie.
→ II: Der Manifestationsgipfel liegt zwischen dem 30.-50. Lebensjahr, wobei Frauen häufiger betroffen sind.
→ III: Die die normokalämische Form des primären Hyperaldosteronismus manifestiert sich deutlich häufiger.
→ Ätiopathogenese: Beim primären Hyperaldosteronismus kommt es zu vermehrten adrenalen Sekretion von Aldosteron mit konsekutiver Suppression der Reninaktivität.
→ I: In 2/3 der Fälle wird der Hyperaldosteronismus durch eine Adenom der Nebennierenrinde verursacht.
→ II: In 1/3 der Fälle handelt es sich um einen idiopathischen Hyperaldosteronismus, infolge einer bilaterale Hyperplasie der Zona glomerulosa (selten durch eine unilaterale).
→ III: Seltene Ursachen sind:
→ 1) Familiärer Hyperaldosteronismus:
→ A) Typ I: Autosomal dominant vererbt; es besteht ein Glukokortikoid-supprimierbarer Hyperaldosteronismus, hervorgerufen durch die Fusion des ACTH-supprimierbaren Gens der 11-ß-Hydroxylase mit dem Gene der Aldosteronsynthase. Folge ist eine ACTH-abhängige Ausschüttung von Aldosteron und Hybridsteroiden.
→ B) Typ II: Stellt sich als Adenom oder Hyperplasie dar.
→ 2) Primärer Hyperaldosteronismus im Rahmen einer MEN-I-Erkrankung.
→ 3) Eine regelrechte Rarität ist das Aldosteron-produzierende Karzinom.
→ Klinisch-relevant:
→ A) Folge eines Hyperaldosteronismus ist eine vermehrte Natrium-Retention mit Erhöhung der Na+-Plasmakonzentration, des Volumens und Ausbildung eines Volumenhochdrucks.
→ B) Die bilaterale Hyperplasie weist meist eine geringere Aldosteronkonzentration auf, sodass der klinische Verlauf milder und normokalämisch ist.
→ Klinik:
→ I: Leitsymptom ist die Hypertonie (z.T. schon im Kindesalter) mit Kopfschmerzen, nicht selten Sehstörungen und progredienter Organschädigung.
→ II: Hypokaliämie mit charakteristischen EKG-Veränderungen, Herzrhythmusstörungen, Polydipsie, Polyurie sowie Nykturie, Veränderung der Glukosetoleranz und selten auch peripheren Ödemen. Häufiger zeigen sich jedoch Allgemeinsymptome wie Müdigkeit und Abgeschlagenheit.
→ III: Muskulär: Bestehen Muskelschwäche, Krämpfe, Obstipation, Parästhesien bis hin zur Tetanie (als Zeichen einer metabolischen Alkalose).
→ IV: Metabolische Alkalose mit pH ↑, Bikarbonat (akutell) ↑, Bikarbonat (Standard) ↑, Base excess ↑ und pCO2 normal (bei der teilweis-kompensierten Form ist es ↑.
→ V: Eine Hypernatriämie fehlt, da die Niere trotz Hyperaldosteronismus nach einer kurzen Latenz vermehrt Natrium ausscheidet. Dies wird als sogenanntes "Escape-Phänomen" bezeichnet. Als Ursache wird eine vermehrte Sekretion des ANP (= atriales-natriuretisches Peptid) diskutiert.
→ Diagnose:
→ I: Labor:
→ 1) Nachweis einer metabolischen Alkalose kombiniert mit einer Hypokaliämie und einer Hypernatriämie.
→ 2) Die Plasma-Aldosteronkonzentration ist erhöht, die Reninkonzentration und Aktivität erniedrigt.
→ 3) Der Aldosteron/Renin Quotient > 50 (erhöht) ist ein deutlicher Hinweis für einen primären Hyperaldosteronismus.
→ Klinisch-relevant: Beta-Blocker (hemmen Renin), Diuretika (stimulieren Renin und Aldosteron), ACE-Hemmer sollten 2 Wochen vor der Untersuchung, Spironolacton sogar 6 Woche vorher abgesetzt werden.
→ 4) Aldosteron und seine Metaboliten (Tetrahydroaldosteron, Aldosteron-18-Glucoronid) sind im 24h-Sammelurin erhöht.
→ 5) Eine Kaliumausscheidung von > als 30mmol/d im 24h Sammelurin spricht für einen Morbus Conn.
→ II: Bestätigungstest:
→ 1) Kochsalzbelastungstest: Applikation von 2l einer 0,9 % ig NaCl-Lösung i.v. innerhalb von 4 Stunden. Ziel ist es, die Supprimierbarkeit der Aldosteronsekretion durch Natriumbelastung < 70pg/ml zu erreichen. Eine fehlende Suppression der Aldosteronsekretion spricht für einen Morbus Conn.
→ 2) Fludrocortison-Hemmtest: Dieses Testverfahren ist Goldstandard, da es eine sehr hohe Sensitivität und Spezifität aufweist. Über einen Zeitraum von 4 Tagen werden 0,1mg Fludrocortison verabreicht und anschließend die Aldosteron- und Renin-Konzentration in sitzender Position bestimmt. Aldosteronspiegel > 60ng/l bestätigen einen Morbus Conn.
→ 3) Captopril-Test: Hierbei werden 25mg Captopril verabreicht und der Aldosteronspiegel nach 2 Stunden bestimmt. Captopril blockiert das Angiotensin-Converting-Enzym und hemmt somit die Bildung von Angiotensin II, der Hauptstimulator der Aldosteron-Synthese. Ein fehlendes Absinken des Aldosteronspiegels spricht für eine autonome Aldosteron-Sekretion.
→ 4) Orthostase-Test: Dient der Differenzierung des Morbus Conn. Messung des Aldosteron-Spiegels morgens im Liegen und 4 Stunden danach im Stehen. Beurteilung:
→ A) Beim den aldosteron-produzierenden Adenomen zeigt sich eine Abfall der Konzentration.
→ B) Bei der bilateralen Hyperplasie ein Anstieg der Aldosteronkonzentration (Die Differenzierung ist bei diesem Test jedoch nicht immer eindeutig).
→ III: Bildgebende Verfahren: Sonographie, CT, MRT der Nebenniere, evtl. Nebennierenszintigraphie mit 123Jod markiertem Cholesterin.
→ Klinisch-relevant: Der Morbus Conn ist gekennzeichnet durch:
→ A) Blutdruck-Erhöhung,
→ B) Hyperaldosterinämie,
→ C) Hyporeninämie und eine
→ D) Normo- bis Hypokaliämie.
→ Differenzialdiagnose: Vom Morbus Conn müssen insbesondere nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden:
→ I: Essentielle arterielle Hypertonie bei Diuretikatherapie und Nierenarterienstenose: RR-Erhöhung, Aldosteron-Erhöhung, Renin-Erhöhung, Kalium normal bis erniedrigt.
→ II: Liddle-Syndrom: Blutdruck erhöht, Aldosteron erniedrigt, Renin erniedrigt, Kalium normal bis erniedrigt.
→ III: Cushing-Syndrom: Hypertonie, Hypoaldosteronämie, Hyporeninämie, Kalium normal bis erniedrigt.
→ IV: Pseudohypoaldosteronismus: durch Lakritzabusus mit arterieller Hypertonie, Hypoaldosterinämie, Renin erniedrigt, Kalium normal bis erniedrigt.
→ V: Leberfunktionsstörungen: RR normal, Hyperaldosteronämie, Hyperrenninämie, Kalium normal.
→ VI: Bartter-Syndrom/Gitelman-: RR normal bis erniedrig, Hyperaldosteronämie, Renin erhöht, Hypokaliämie.
→ Therapie:
→ I Konservativ: Beim idiopathischen Hyperaldosteronismus ist eine Spironolacton Applikation in einer Dosis von 50-100mg/d bzw. die Gabe eines anderen kaliumsparenden Diuretikums indiziert, sowie die Einstellung der arteriellen Hypertonie.
→ II: Operativ: Besteht ein Aldosteron produzierendes Adenom, erfolgt eine laparoskopische Adrenalektomie nach 4-wöchiger Vorbehandlung mit Spironolacton.
→ III: Alternativen:
→ 1) Beim familiären Hyperaldosteronismus: Niedrig-dosierte Gabe von Dexamethason.
→ 2) Beim NNR Karzinom ist ein Versuch der R0-Resektion und eine sich anschließende Chemotherapie mit Mitotan indiziert.